top of page

ON or OFF the Market: Die Wahl des richtigen visuellen Kommunikationssystems entscheidet.

Warum die Migros Sélection Packagings scheiterten und wie Sie es besser machen können. Die entscheidende Rolle zweier elementarer Bild- und Sehsysteme. #Design #VisuelleKommunikation #ErfolgreichesDesign Anja Maria Boxleitner, 16. Oktober 2023



success of packaging design, marketing, visual communicationa
ON or OFF the market

Der Erfolg von Design ist keine Glückssache, und er hängt nicht unbedingt von Designpreisen ab. Ein eindrucksvolles Beispiel hierfür sind die Verpackungen der Eigenmarke Migros Sélection, die von der Supermarktkette Migros in der Lebensmittelbranche angeboten wurde und scheiterte. Lassen Sie uns ergründen wieso die Wahl des richtigen Visuelle Kommunikationssystem entscheidet.


Migros selection design

Ich werde dies anhand eines Vergleichs mit Olivenöl verdeutlichen und erläutern, warum das Migros Olivenöl im Gegensatz zur erfolgreichen Bertolli-Verpackung gescheitert ist.

Bertolli

Vor einigen Jahren brachte Migros die Migros Sélection-Marke auf den Markt, um hochwertige Lebensmittel anzubieten. Die Verpackungen folgten einem klaren Konzept: Sie waren hauptsächlich weiß und enthielten goldgerahmte Branding-Elemente mit Logo und Produktinformationen sowie ansprechende fotografische Darstellungen der Produkte. Die Gestaltung war zweifellos ästhetisch und handwerklich auf höchstem Niveau, was sich in mehreren gewonnenen Designpreisen niederschlug. Dennoch scheiterte das Design, da es nicht seinen eigentlichen Zweck erfüllte.


Um die Gründe für das Scheitern zu verstehen, müssen Verantwortliche über den Glanz der Designpreise hinausdenken und sich auf die tatsächliche Wirkung des Designs konzentrieren. Gute Designer müssen nicht nur ästhetisch gestalten, sondern sicherstellen, dass ihr Design effektiv ist. Wenn ein Design nicht funktioniert, ist es an der Zeit, neue Wege zu erkunden.


be careful with design awards; the customer is important

Lassen Sie uns die Ursachen für das Scheitern des mit Designpreisen ausgezeichneten Migros-Packagings näher untersuchen. Dabei werden Sie zwei grundlegende Arten des Sehens kennenlernen, die von zentraler Bedeutung für die Gestaltung der visuellen Kommunikation sind. Dieses Wissen ist für Designer und Auftraggeber gleichermaßen von essentieller Bedeutung.


Es kommt darauf an, das richtige visuelle System auszuwählen, je nachdem, welches "Sehsystem" angesprochen werden soll. Im folgenden Beispiel werde ich die beiden "Sehsysteme" - das eindrückliche und das ausdrückende Sehen - erläutern:

Hierzu vergleiche ich die Verpackung des Migros-Olivenöls mit der von Bertolli. Beim genauen Betrachten der Etiketten wird sofort ersichtlich, dass die Migros Selektion-Verpackung weniger visuelle Elemente verwendet als die Bertolli-Verpackung. Die Grafikgestaltung auf der Bertolli-Flasche ist komplexer, und es ist schwieriger, die einzelnen Elemente zu identifizieren.


deconstruction of the design

Sehsystem I und Sehsystem II am Beispiel der Olivenöl Packagings. (Grafik: Boxleitner)

Betrachten wir die Etiketten genauer, wird der Unterschied in der Herangehensweise deutlich. Auf dem Etikett der Migros Selektion-Flasche können wir die Inhalte in Bruchteilen von Sekunden erfassen (alle Elemente kommunizieren auf eine "ausdrückliche" Weise – Sehsystem I). Bei Bertolli hingegen verschmelzen die einzelnen Elemente zu einem Gesamtbild. Das Logo und die Grafiken sind nahtlos in die Gesamtkomposition integriert und lassen sich nicht leicht voneinander trennen (alle Elemente kommunizieren auf eine "eindrückliche" Weise – Sehsystem II).


Dieses eindrückliche Sehen (Sehsystem II) ähnelt dem Betrachten einer Landschaft. Statt jeden Grashalm, jeden Baum oder jeden Felsen einzeln wahrzunehmen, erfassen wir die Landschaft als Ganzes. Ähnlich verhält es sich mit Bildern, die so gestaltet sind, dass sie nicht in abstrahierte Informationen zerlegt werden können. Diese Bilder sprechen unsere Emotionen an und erzeugen ein Gefühl von Realität – sei es wie am Beispiel des Olivenöls Geschmack, Vertrauen oder Glaube. Diese Qualitäten müssen angesprochen werden, wenn wir ein hochpreisiges Produkt mit traditionellen Werten verkaufen möchten.

> Der Kunde interessiert sich für diese Art emotionaler Botschaft, wenn er ein qualitativ wohlschmeckendes Olivenöl kaufen möchte und nicht nur für eine schnelle, abstrakte Information. Wenn ich von emotionaler Botschaft spreche, ist es wichtig zu beachten, dass der Begriff Emotion vielfältig interpretiert werden kann und daher an dieser Stelle spezifiziert werden muss. Menschliche Kommunikation erfolgt auf verschiedenen Abstraktionsebenen. Wenn Sie diesen Artikel lesen, verstehen Sie die Inhalte auf der Grundlage von Buchstaben und Wörtern. Diese Worte sind Abkürzungen für das, was in der realen Welt geschieht - sie sind eine Abstraktion der Realität. Ein Bild eines Baumes ist ebenfalls eine Abkürzung für die tatsächliche Erfahrung eines Baumes. Wir vereinfachen unsere Realität, um effizienter miteinander zu kommunizieren. Doch jede Abstraktionsebene entfernt uns ein Stück weit von der eigentlichen Realität.


levels of abstraction in (visual) communication

Gefühle wie Geschmack, Vertrauen und Glaube sind jedoch sehr realitätsnahe Empfindungen, die in Raum und Zeit stattfinden. Sie können nicht effektiv durch eine reduzierte ausdrückende Bildsprache (Sehsystem I) vermittelt werden. Diese Gefühle erfordern eine eindrückliche Bildsprache (Sehsystem II), bei der das Gesamtbild nicht in seine Einzelteile zerlegt

werden kann. Pyramidengrafik: Boxleitner, Anja


Wenn Sie als Gestalter oder Auftraggeber verantwortlich für die Wahl der Sehsysteme sind bzw. die Konzeption von visuelle Kommunikation und des Grafikdesigns massgeblich beeinflussen können, müssen Sie zwischen diesen beiden Systemen entscheiden:

Geht es also um ein Produkt das informativ kommunizieren soll oder emotional.


M budget packaging design

Richtige Gestaltung für ein Low Budget Produkt: Sehsystem I; informativ (Bild: Schneiterpartner)

Bei der Gestaltung der Migros Low Budget Produktlinie zeigt sich zum Beispiel wie richtig gestaltet wurde. Hier ist das primäre Verkaufsargument nicht der traditionelle Herstellungsprozess oder der Geschmack eines Produktes sondern der günstige Preis. Der Kunde will schnell das billigste Produkt im Regal des Supermarktes finden. Hier ist eine reduzierte Gestaltung nach Sehsystem I genau das richtige.



Fazit: Um Ressourcen effizient zu gestalten und Design mit echtem Mehrwert zu schaffen, ist es daher von entscheidender Bedeutung, das richtige visuelle System auszuwählen und die zugehörigen Gestaltungsprinzipien zu verstehen und anzuwenden. Dieser innovative Ansatz kann die Art und Weise, wie wir Design betrachten und anwenden, revolutionieren. Diese Konzepte stammen aus meiner Forschung "Die Logik des Designens" innerhalb derer ich die unterschiedlichen Informationsqualitäten und die Abstraktionsstufen von Realität untersucht habe.


Quellen: Grafik Etikettvergleich: Boxleitner, Anja: The Logic of Designing. BXL Books; St. Gallen; 2023 Die besprochene Migros Selection Packaging Linie wurde vom Markt genommen und einem Redesign unterzogen. Bild Bertolli Olivenöl: https://www.sayfresh.de/feinkost-lebensmittel/fette-oele-margarine/bertolli-olivenoel-extra-vergine-der-fruchtige-0-5l/a-37014


Literatur:

Comments


bottom of page